Ein gut gebauter Nacken ist nicht nur ein Aushängeschild für Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Er sorgt auch dafür, dass dir deine Mitmenschen Respekt zollen. Leider nehmen sich viele Kraftsportler zu wenig Zeit, Hals und Nacken mit speziellen Methoden zu trainieren. Wenn du die Funktionen des Nackens für deine gesamte Motorik und seine Wichtigkeit für viele der Übungen bzgl. anderer Muskelgruppen verstanden hast, wirst du die Notwendigkeit eines speziellen Nackentrainings (u.a. Flexion, seitliche Flexion, Extension und Rotation) erkennen.
Schwere Hebeübungen – starke Muskeln
Wie du vielleicht schon weißt, sind ganzheitlichen Grundübungen am besten für den Muskelwachstum und den Fettabbau deines Körpers, sowie für deine Beweglichkeit und für die Ausschüttung anaboler Hormone geeignet. Es reichen wenige Übungen mit großen Bewegungsabläufen aus, um deine Muskulatur zu formen. Eine Ausnahme gibt es allerdings: Deinen Nacken. Der durchschnittliche, aber hart trainierende Bodybuilder hat einen stärker entwickelten Nacken als die meisten anderen Kraftsportler. Damit du auch einen starken Hals bekommst, musst du ihn mit deinen Übungen direkt ansprechen. In einer europäischen Studie aus dem Jahr 1997 wurde etwas Interessantes herausgefunden: Kraftsportler, die ihre Nackenmuskulatur direkt trainiert hatten, konnten im Vergleich zu Nichttrainierenden und nach herkömmlichen Methoden arbeitenden Personen am Ende einer 12-wöchigen Testphase einen sichtbar stärkeren Hals- und Nackenapparat vorweisen. Dies äußerte sich zum Teil in einem Kraftanstieg von bis zu 34 Prozent und einen um 13 Prozent größeren Halsquerschnitt.
Wie schnell kannst du das schaffen?
Eine amerikanische Studie von 2006 zeigte einen signifikanten Anstieg der Halsstärke auf, nachdem einen Monat lang mit statischen und dynamischen Nackenübungen trainiert worden war. Auch hier lag die Vergrößerung des Halsdurchschnitts bei bis zu 13 Prozent. Ein derart gestärkter Nacken wird dir auch helfen, weniger Verletzungen sowie weniger Kopf- und Nackenschmerzen zu haben. Viel Zeit ist das nicht. Was ist schon ein Monat? Was machen schon 12 Wochen? Es lohnt sich also mehrfach, mit einem speziellen Nackentraining zu beginnen.
Die vier Wege des Nackentrainings
Aus trainingsspezifischer Sicht hat dein Hals diese vier Hauptfunktionen: Flexion, Extension, seitliche Flexion und Rotation. Im Folgenden wird dir erklärt, was jede dieser Funktionen bedeutet und – was noch wichtiger ist – wie du sie stärken kannst.
Nackenbeuger (Flexion)
Bei der Flexion geht es um das Nach-Vorne-Beugen deines Kopfes. An dieser Bewegung sind die Muskeln Longus Colli, Longus Capitis und Infrahyoids beteiligt. Du kannst diese Nackenbeuger an einer Vier-Wege-Nackenmaschine trainieren, indem du die Stirn an die Unterlage legst, den richtigen Widerstand einstellst und den Kopf nach vorne neigst. Leider gibt es diese Maschinen kaum noch in den „modernen“ Studios. Daher musst du wahrscheinlich kreativ werden. Beispielsweise kannst du einen Schlaufengriff an einen Seilzug anbringen, das Gelenk auf Kopfhöhe bringen und deinen Kopf in die Schlaufe „hineinstecken“. Versuche zwei bis drei Sätze mit zehn bis zwanzig Wiederholungen.
Nackenstrecker (Extension)
Bei dieser Übung machst du das genaue Gegenteil. In der Ausgangslage befindet sich dein Kinn auf der Brust. Für die Übung hebst du den Kopf bis zur geraden Stellung an. Die dabei arbeitenden Muskelgruppen heißen Plenius Capitis, Seminispinalis Capitis, Suboccipitals und Trapezius. Leg den Hinterkopf an die Auflage der Vier-Wege-Nackenmaschine und drück den Kopf nach hinten. Eine sehr gute Alternative zu dieser Übung ist ein Nackentrainer mit Gurt oder Kette, an welche du entweder Hantelscheiben oder einen Seilzug anbringen kannst. Ein solches Equipment kostet nicht viel Geld. Du kannst es ins Studio mitnehmen oder zuhause verwenden. Du wirst kaum ein anderes Gerät finden, das die Nackenstrecker ähnlich effizient ansprechen kann. Wie beim Nackenbeuger solltest du hier zwei bis drei Sätze mit zehn bis zwanzig Wiederholungen machen.
Seitliche Nackenbeuger (Lateralflexion)
Laienhaft ausgedrückt neigst du hier deinen Kopf zur Seite. Beteiligt sind hier im Wesentlichen die Skalenusmuskeln. Kannst du mit der Maschine trainieren, dann setze dich seitlich davor, leg die Seite deines Kopfes an die Unterlage und drücke den Kopf in Richtung Schulter. Wechsel danach die Seiten. Alternativ kannst du dein Nackengeschirr oder einen Schlaufengriff nehmen und an einem Seilzug trainieren. Stelle ihn so ein wie beim frontalen Nackenbeuger. Mache von dieser Übung zwei Sätze mit zehn bis zwanzig Wiederholungen.
Nackenrotation
Bei der Nackenrotation geht es um die Drehung deines Kopfes zu beiden Seiten. Es gibt keine Fitnessgeräte, welche diese Bewegung imitieren können. Daher musst du dich selbst behelfen und deine Armkraft als Widerstand einsetzen, indem du die Hand gegen die Wange drückst, in deren Richtung du deinen Kopf drehen möchtest. Wahlweise kannst du es auch versuchen, mit einem Seilzug zu arbeiten. Das wird allerdings etwas schwieriger werden, weil der Schlaufengriff, den du dafür verwenden musst, höchstwahrscheinlich verrutschen wird. Hier ist also auch ein wenig von deiner Kreativität gefragt. Mach zwei Sätze mit acht bis zehn Wiederholungen an mindestens zwei Tagen pro Woche. Wrestler haben die weltweit am weitesten entwickelte Hals- und Nackenmuskulatur, und sie trainieren täglich.
Sehr effizient: Eine ganz „einfache“ Kopfnickübung
Diese Technik kommt aus dem brasilianischen Kampfsport Jiu-Jitsu. Leg dich dafür auf den Rücken. Heb dein Kopf und befördere dein Kinn an die Brust. Mach dies vierzigmal. Anschließend bleibt dein Kopf relativ nah am Boden, aber immer noch in der Luft. Nun drehst du ihn vierzigmal nach links und anschließend genauso oft nach rechts. Diese drei Sätze machst du zwei bis dreimal. Du wirst erstaunt sein, wie schwierig und gleichzeitig effektiv diese Übung ist.
Schlussgedanken
Ein kräftiger Hals trägt maßgeblich zu einer Verbesserung der Festigkeit deiner gesamten Oberkörpermuskulatur bei. Er hat einen wichtigen Anteil an einem ausgewogeneren, funktionaleren und kräftigeren Körper. Regelmäßige Hals- und Nackenübungen werden mittel- und langfristig zu einer Verringerung der Verletzungen und Schmerzen im Hals-, Nacken- und Schulterbereich führen, die normalerweise dadurch auftreten, dass die Nacken- und Halsmuskulatur nicht ausreichend gefördert wird. Voraussetzung dafür ist ein Training, das alle vier Funktionen des Muskelapparates in Hals- und Nacken gleichmäßig beansprucht. Ein starker Nacken hat zudem eine wichtige – weil stabilisierende – Funktion für diverse Übungen bzgl. anderer Muskelgruppen. Es wird dir wesentlich leichter fallen, die unterschiedlichen Bewegungsabläufe korrekt durchzuführen. Insbesondere die Schultern werden davon profitieren.