Auch wenn gentechnische modifizierte Nahrungsmittel schon seit vielen Jahrzehnten zum festen Sortiment unserer Supermärkte gehören, gibt es rund um das Thema noch immer jede Menge Kontroversen zwischen Gegnern und Befürwortern.
Während die Gentechnik für die einen ein wahrer Segen ist, der dabei hilft, Millionen von hungernden Menschen zu ernähren, sehen andere darin eine apokalyptische Bedrohung für unseren Körper und die Umwelt. Um die Verwirrung perfekt zu machen, finden sich unzählige Studien, die ihrerseits die Argumente beider Seiten unterstützen. Einer falschen Ideologie zu folgen, ohne sich mit den Grundlagen auseinanderzusetzen, ist an dieser Stelle fehl am Platz. Dass diese Bildungslücke geschlossen werden muss belegt das dramatische Ergebnis einer repräsentativen Befragung, die erschreckenderweise zutage förderte, dass ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung davon überzeugt ist, dass biologisch angebautes Gemüse gar keine Gene enthält. Lass uns also mit den Basics beginnen.
Gentechnik ist eigentlich ein alter Hut
Natürlich enthält biologisch angebautes Gemüse Gene, ebenso wie jedes andere Lebewesen auf diesem Planeten auch. Wie auch sonst sollten sollten sich die spezifischen Eigenschaften auf der mikrobiologischen Ebene ausprägen und von einer Generation auf die andere übertragen lassen? Und genau das ist der Punkt, denn Gene sind nichts Künstliches, das von der bösen Industrie in Lebensmittel hineingemischt wird. Es handelt sich dabei schlicht um Bestandteile der Erbsubstanz, die bestimmte Eigenschaften eines Lebewesens definieren. Die Gentechnik ist also nichts weiter als ein Versuch, neue Pflanzen zu schaffen, die nährstoffreicher, ertragreicher oder resistent gegenüber Schädlingen sind. Das ist allerdings alles andere als ein neues Phänomen, denn bereits unsere Vorfahren zur Zeit der neolithischen Revolution experimentierten mit Pflanzen und Tieren unterschiedlichster Art und versuchten durch Kreuzungen bestimmte Eigenschaften hervorzurufen. Ohne diese Versuche hätten wir heute weder Weizen, Roggen, Milchkühe und ja, auch keine Hunde. Im Unterschied zur modernen Gentechnik dauerten die Entwicklungs- und Erkenntnisprozesse in früheren Zeiten Jahrzehnte und Jahrhunderte, da jedwedes Ergebnis auf dem Prinzip von Versuch und Irrtum basierte. Ein misslungenes Experiment konnte also durchaus dazu führen, dass eine Jahresernte ungenießbar wurde und viele Menschen verhungerten. Heute hingegen ist es uns möglich, die Gene zu entschlüsseln und damit gezielt zu erforschen, welches Gen einer Pflanze für welche Eigenschaft verantwortlich ist. Ist eine Pflanze beispielsweise besonders widerstandsfähig gegenüber einem bestimmten Schädling, kann dieses Gen in den Gensatz einer anderen Pflanze integriert werden, die dann wiederum in Regionen angepflanzt werden kann, wo es zuvor unmöglich war. Ähnliches gilt auch für Gene, die es ermöglichen, dass energiereiche Pflanzen wie Mais auf weniger fruchtbaren Böden gedeihen oder schlicht weniger Wasser zum Wachsen benötigen. Seit den 1930 Jahren sind dabei unzählige Getreidesorten entstanden, ohne die unsere Welt kaum mehr zu ernähren wäre, da Maiskolben und Weizenähren früher deutlich weniger ergiebig waren. Damit aber noch nicht genug, Gentechnik macht es ebenfalls möglich, Pflanzen dazu anzuregen bestimmte Vitamine zu produzieren, womit in vielen Regionen der Welt eklatante Mikronährstoffmängel beseitigt werden können.
Was haben viele Menschen gegen die Gentechnik?
Ein nicht zu verachtender Teil der Angst, die viele Menschen vor der Gentechnik haben, begründet sich durch das mangelnde Wissen über grundlegende Zusammenhänge der Biologie und der Agrargeschichte, die in unseren Schulen nicht, nicht mehr oder nicht in ausreichendem Maße gelehrt werden. Im Grunde genommen handelt es sich bei den meisten Eingriffen nämlich um nichts anderes als eine deutlich beschleunigte Evolution, was zuvor auf »natürliche Weise« auf dem Acker geschah und heute eben deutlich schneller und kontrollierbarer im Reagenzglas stattfindet. Da dieses Wissen fehlt, haben viele Menschen Bedenken, da sie diese Pflanzen als künstlich ansehen. Daraus resultieren auch Ängste davor, dass diese neuen Pflanzen der Umwelt schaden, giftig sind oder uns krank machen. Rein logisch betrachtet macht es aber keinen Unterschied, ob sich die Natur um Mutationen bei Pflanzen kümmert oder, ob wir eingreifen. Insbesondere im Bezug darauf, dass gentechnisch veränderte Pflanzen möglicherweise generell toxisch sind, ergab eine Untersuchung, dass diese Aussage so nicht zu halten ist.
Im Rahmen eines Vergleichs zwischen gentechnisch veränderten Pflanzen, die durch den Eingriff weniger Wasser zum Wachsen benötigten, und gewöhnlichen Pflanzen stellte man fest, dass der Schwermetallgehalt in den gentechnisch veränderten Pflanzen geringer war. Die Ursache ist klar, denn die gewöhnliche Pflanze musste deutlich mehr Wasser durch ihre Zellen pumpen als die genügsamere Pflanze, womit sich auch mehr natürliche Schwermetalle aus dem gleichen Boden ablagern konnten. An dieser Stelle sei jedoch gesagt, dass die Grenzwerte in beiden Fällen bei weitem nicht überschritten wurden, sodass dieses Beispiel nur zur Veranschaulichen dessen dient, dass nicht immer alles so klar ist, wie es scheint, und man es uns weismachen will. Es gibt aber durchaus sehr berechtigte Einwände gegenüber gentechnisch modifizierten Pflanzen, die beispielsweise immun gegenüber einem bestimmten Pflanzenschutzmittel sind, sodass Farmer diese zum Teil hochgiftigen Mittel uneingeschränkt einsetzen können. Diese Gifte vernichten dabei aber nicht nur die Schädlinge, sondern auch alles Leben, das nicht resistent ist. Darüber hinaus lagern sich diese Pflanzenschutzmittel auf der Oberfläche und unter Umständen auch in der Pflanze selbst ab, was natürlich schwere gesundheitliche Folgen für uns haben kann, wenn wir diese Pflanzen oder die daraus hergestellten Nahrungsmittel konsumieren. Denn, dass viele Pflanzenschutzmittel Leber- und Nierenprobleme auslösen, ist wissenschaftlich längst belegt. Damit aber noch nicht genug, denn so behandelte Futterpflanzen werden auch in der Tierzucht verwendet und gelangen somit über Milchprodukte und Fleisch ebenso in unsere Nahrungsmittel, wie Antibiotika, die in der Massentierhaltung noch immer viel zu sorglos eingesetzt werden. Gerade im Zusammenhang mit Pflanzen, die so gezüchtet werden, dass sie für bestimmte Insekten toxisch sind, ergeben sich weitere Probleme, denn das kann ganze Nahrungsketten in unseren Ökosystemen beeinflussen. Stell dir zum Beispiel einmal vor, dass sich Pollen einer solchen Pflanze mit einer wilden Pflanzenart kreuzen, sodass mehr und mehr dieser Pflanzen auch in der freien Natur die toxischen Eigenschaften der Nutzpflanze übernehmen. Das könnte dazu führen, dass eine spezifische Insektenart, die auf diese wilde Pflanze angewiesen ist, ausstirbt und damit wiederum die Nahrungsgrundlage für andere Arten zumindest kurzfristig stark reduziert, bis sich die betreffenden Lebewesen umgestellt haben.
Was ist jetzt die Moral von der Geschichte?
Wie so häufig gibt es kein eindeutiges Schwarz und Weiß oder Gut und Böse, sondern viele facettenreiche Grautöne, sodass es beim letztendlichen Urteil darüber, ob Gentechnik nun gut oder schlecht ist, nur heißen kann: Es kommt darauf an. Wird die Gentechnik verantwortungsvoll eingesetzt, ist sie ein wahrer Segen für die Menschheit, die einen entscheidenden Beitrag dazu leistet, den Hunger auf der Welt zu besiegen. Unvorsichtige Schnellschüsse mit unabsehbaren Folgen, wie sie beispielsweise die Immunisierung gegen für den Menschen hochgiftige Pflanzenschutzmittel nach sich ziehen, sollten zum Wohle aller Lebewesen aber dringend vermieden werden. Für deine tägliche Praxis bedeutet aber alleine die Tatsache, dass Gentechnik prinzipiell seit Jahrtausenden existiert, dass du dieser gar nicht entkommen kannst. Das musst du aber auch gar nicht, denn auch hier wird das Essen wieder heißer gekocht, als es gegessen wird. Die beste Lösung ist, immer auf dem neuesten Stand zu bleiben, dich über neue Entwicklungen zu informieren und Lebensmittel auszuwählen, die deinen persönlichen Standards entsprechen. Ein weiteres Zauberwort lautet Diversität von Nahrungsmitteln, denn sofern du dich abwechslungsreich ernährst, und nicht nur bestimmte Produkte konsumierst, sinkt ein etwaig vorhandenes Risiko extrem. Du solltest aber wissen, dass eine einseitige Nahrungsmittelauswahl auch ohne den Kontext der Gentechnik aus gesundheitlichen Gründen nicht erstrebenswert ist. Verrenn dich also nicht in Details, sondern kümmere dich zunächst um die wirklich großen gesundheitlichen Bedrohungen wie das Rauchen, Bewegungsmangel und zu viel Zucker.