Für viele von uns gehört das tägliche Tracken der Makronährstoffversorgung ebenso dazu wie das Amen in der Kirche. Für andere hingegen ist es undenkbar, sich die Arbeit zu machen, jedes einzelne Gramm Protein, Fett oder Kohlenhydrate minutiös aufzuschreiben. Wenn du dir noch nicht sicher bist, für welche Vorgehensweise du dich entscheiden möchtest, solltest du dir die Argumente beider Seiten anhören.
Tracken oder nicht tracken, das ist hier die Frage. Was aber genau bedeutet Makrotracking?
Im Grunde genommen geht es darum, die Menge der täglich aufgenommenen Makronährstoffe jeden Tag auf wenige Gramm genau aufzuzeichnen. Insbesondere Bodybuilder und Wettkampfsportler haben diese Art der Ernährungsplanung mehr oder minder perfektioniert, sodass sie es im Schlaf beherrschen, ohne dafür auch nur eine Küchenwaage zu benötigen. Für die meisten von uns ist dieses Vorhaben allerdings zunächst damit verbunden, eine Küchenwaage zu kaufen und die Nährwerte jedes einzelnen Nahrungsmittels zu googeln. Warum sollten wir uns diesen Stress also antun? Nunja, die Vorteile liegen klar auf der Hand, denn mit Hilfe des konsequenten Trackings lassen sich die Fortschritte in puncto Muskelauf- und Fettabbau sehr gut überwachen und auch on-the-fly steuern. Allerdings bedeutet dies keinesfalls, dass das Tracking eine unverrückbare Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung deiner Ziele ist. Im Folgenden stellen wir dir dementsprechend einige Szenarien vor, in denen das Sinn Tracking oder weniger Sinn macht. Die Entscheidung, die du anhand dieser Beispiele treffen kannst, liegt allerdings völlig bei dir.
Wann das Tracken Sinn macht:
Szenario 1 – Du hast bereits einen niedrigen Körperfettanteil, will diesen aber noch weiter reduzieren.
Wenn du in einer solchen Situation steckst, solltest du wissen, dass bereits kleine Variationen der Nährstoffversorgung einen großen Einfluss darauf haben, ob du diese letzten Prozente an Körperfett verlierst oder nicht. Schon ein paar Dutzend Kalorien zuviel führen über einen längeren Zeitraum zu einer erheblichen Frustration, da du trotz aller Anstrengungen keinen Fortschritt erzielst. Es macht ja schon bereits einen großen Unterschied, ob du 85 oder 100 Gramm Hähnchenfleisch isst, auch wenn es vielleicht nur 20-30 Kalorien sind. Aber 20 Kalorien hier und 30 Kalorien da summieren sich schnell zu mehreren Hundert Kalorien auf und führen zu dem bekannten Ergebnis. Lerne in diesen kleinen Dimensionen zu denken und deren Wichtigkeit zu erkennen, dann wirst du mit Hilfe des Makronährstofftrackings deine Ziele erreichen.
Szenario 2 – Du hast keine Ahnung was »genug Protein« bedeutet
Dass die Definition von »genug Protein« von Person zu Person mitunter extrem starken Schwankungen unterworfen ist, liegt in der Natur der Sache. Dementsprechend variiert dieser Wert zwischen »tatsächlich genug Protein« und 40 Gramm täglich. Und nein, 40 Gramm Protein pro Tag sind nicht genug – naja, außer du wiegst nur 30 Kilogramm. Wenn du also auch zu dieser Kategorie gehörst und deinen Proteinkonsum nicht wirklich einschätzen kannst, solltest du zumindest für eine Weile auf das Tracking zurückgreifen. Als Richtwert gilt dabei die Faustregel, dass du mindestens zwei Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht zu dir nehmen solltest, um deinen Organismus mit ausreichend Protein zur Versorgung der Muskulatur zu auszustatten. Ein ähnliches Prinzip lässt sich natürlich auch auf den Fett- und Kohlenhydratkonsum übertragen. Diesbezüglich gelten allerdings andere Faustregeln. Hinsichtlich der Fette solltest du zwischen 0,8 und 1 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht aufnehmen, sodass du deinen verbleibenden Energiebedarf im Anschluss mit Hilfe von Kohlenhydraten abdecken kannst.
Szenario 3 – Die Signale deines Körper spielen verrückt
Hast du auch des Öfteren Heißhunger und kannst gar nicht schnell genug zum Kühlschrank kommen? Du hast das Gefühl, dass es dir an Energie mangelt, obwohl du deinem Vernehmen nach ausreichend Nahrung zu dir nimmst? In einem solchen Fall kann das Tracking der Makronährstoffversorgung sehr aufschlussreich sein, denn damit kannst du oberflächlich verdeckte Probleme erkennen, da du beispielsweise nicht nur genau verfolgen kannst, welche Nährstoffmengen du aufnimmst, sondern auch auf welche Nahrungsmittel du im Detail zugreifst. Damit ist es auch möglich, Heißhungerattacken, die durch einen Mangel an Vitaminen verursacht werden, auszumerzen. Gerade wenn du ein Mensch bist, der sich generell vom Appetit auf Süßes steuern lässt, wir dir die Umstellung zunächst schwerfallen. Die Früchte, die du mit dem Tracking ernten kannst, sind dafür aber umso süßer.
Szenario 4 – Du musst dein Ziel bis zum Tag X erreichen
Ein Wettkampf, eine Hochzeit oder ein Fotoshooting. Es gibt viele Gründe, warum du bis zu einem im Vorfeld definierten Tag X in Bestform sein musst/willst. Die Uhr tickt und je näher das Ereignis rückt, desto schwerwiegenden sind selbst die kleinsten ernährungstechnischen Fehler, die unentdeckt bleiben. Du kennst die Fakten und musst daher hart kalkulieren. Ohne die gewissenhafte Aufzeichnung des Fett-, Kohlenhydrat- und Proteinkonsums wirst du dein Ziel aber nur sehr unwahrscheinlich zu erreichen. Da insbesondere der Fettabbau kein linearer Prozess ist, bedarf dieser akkurater Anpassungen, die sich nur mit einer vernünftigen Planung erreichen lassen. Hast du also einen solchen Termin vor Augen und möchtest dabei nichts riskieren, kommst du im das Tracking nicht herum.
Wann das Tracken keinen Sinn macht:
Szenario 1 – Deine Nahrungsneurose führt zu nichts
Wenn du dazu neigst, allzu wissenschaftlich an das Thema Ernährung heranzugehen und dabei mehr Zeit mit der Analyse von den allerneusten Studien zu verbringen, als du Zeit für das Training oder die Ernährung an sich aufbringst, ist das Makrotracking für dich nicht unbedingt zielführend. In einem solchen Fall wird es dir nämlich nicht helfen, denen Blick auf ein bestimmtes Ziel zu richten, sondern ganz im Gegenteil dazu führen, dass du dich noch mehr in den Details verlierst und dabei den Blick für das große Ganze einbüßt. Insbesondere, wenn du kein Wettkampfathlet bist, sondern den Sport als Hobby betreibst, solltest du einfach tief durchatmen und dich auf die wirklich wichtigen Dinge konzentrieren. Zum Beispiel auf den nächsten Satz Kniebeugen oder auf ein leckeres Rumpsteak, das deinen Körper mit hervorragendem Protein versorgt.
Szenario 2 – Du bist bereits ein Nährstoffveteran
Wenn du bereit so erfahren im Bereich der Nährstoffbestimmung bist, dass du den Nährstoffgehalt eines Stücks Hähnchenbrustfilet oder eines Tellers Nudeln bis aufs Gramm genau bestimmen kannst, macht es wenig Sinn, dass du deine wertvolle Zeit für Tracking von Nährstoffen aufwendest. Womöglich liegt die Ursache für dein Talent auch darin, dass du bereits eine mehr oder minder feste Ernährungsroutine hast, und du auch tatsächlich immer genau weißt, was du wann isst. Diese Routine macht dich ebenso effektiv wie eine Küchenwaage. Es braucht Jahre, bis du diese Fähigkeit aufgebaut hast. Hast du es aber geschafft gebührt dir Respekt, denn das schaffen nicht viele von uns.
Szenario 3 – Du bist einfach noch nicht so weit
Es macht wenig Sinn, wenn du dich um das punktgenaue Tracking der Makronährstoffe kümmerst, ohne jedoch die grundlegendsten Regeln der Ernährung verinnerlicht zu haben. Trifft also eines der folgenden drei Szenarien zu, solltest du erst einmal deine Hausaufgaben erledigen, bevor du mit dem Makrotracking beginnst. A: Du pflegst einen ausschließlich sitzenden Lebensstil und deine Definition von einer gesunden Mahlzeit besteht einzig und allein daraus, ein weiteres Salatblatt auf denen Big Mac legen zu lassen. B: Du gehst davon aus, dass du durch exzessive Cardioeinheiten in Kombination mit einer mageren Kost, die ausschließlich aus Karotten und Salat besteht, alle deine Fitness-Ziele erreichst. C: Du stellst dir die Frage, ob Butter eine gute oder schlechte Kohlenhydratquelle ist…. Wenn du dich in einer dieser Aussagen wiedererkennst, ist es an der Zeit noch einmal einen Schritt zurück zu gehen und dich zunächst auf das Wesentliche zu konzentrieren. Erstens das Training und zweitens eine konkrete Umstellung deiner Ernährung auf wirklich gesunde und nahrhafte Lebensmittel. Alles andere kommt dann mit der Zeit.
Szenario 4 – Du willst einfach nur gesund sein nicht super definiert
Du willst einfach nur einen gesunden Körper haben und schlicht wieder in deine alten Jeans hereinpassen, ohne dabei den Bauch einziehen zu müssen? Oder willst du einfach nur die Treppen im Büro hinaufrennen, ohne gleich in Schweiß auszubrechen? Dann ist es eigentlich ganz einfach, denn besteht schließlich keine Deadline, innerhalb derer du dein Ziel erreichen musst. Trifft diese Beschreibung auf dich zu, macht es einfach keinen Sinn zusätzlich Zeit in das Makronährstofftracking zu investieren, denn, Hand aufs Herz, es macht keinen Unterschied, ob nun 185 Gramm oder 200 Gramm Fleisch auf deinem Teller landen. Halte dich einfach an die Grundregeln einer gesunden Ernährung, trainiere vernünftig und genieße dein Leben ganz ohne Stress.