Form ist in unserem Sport nicht zwingenderweise alles, was zählt. Wenn es jedoch auf die Bühne geht, ist Schluss mit lustig, denn dann zählen nur noch Disziplin und ein eiserner Wille, der dabei hilft, die strengen Diätvorgaben einzuhalten. Dass aber nur die wenigsten Kraftsportler überhaupt ernsthaft die Voraussetzungen dazu haben, das hochgesteckte Ziel, auf der Bühne zu brillieren, zu erreichen, siehst du bereits, wenn du dein Fitnessstudio betrittst. Neben dem Großteil der Trainierenden, die es nicht einmal auf eine respektable Muskelmasse bringen, halten sich dort nämlich nur einige wenige Athleten mit Stiernacken, V-Rücken, fleischigen Brustmuskeln und wirklich dicken Armen auf. Rein statistisch befindet sich in diesem Personenkreis auch nur ein Athlet, der sich wirklich in einer guten Form befindet und sich ernsthaft auf einen Contest vorbereitet. Bei allen anderen verbergen sich die Muskeln mehr oder minder freiwillig unter einer ansehnlichen Schutzschicht aus Körperfett. Woran aber liegt das? Wir begeben uns auf Spurensuche und nennen dir sieben Gründe, warum nur wenige potenzielle Bühnenathleten ihre Top-Form erreichen.
1 – Viele Bodybuilder sind Food-Junkies
Der am weitesten verbreitete Grund, warum es mit dem einstelligen Körperfettwert nichts wird, ist schlicht, dass auch die besten Athleten das Essen so sehr lieben, dass ihnen Diäten mindestens ebenso schwer fallen, wie jedem anderen Normalsterblichen. Nicht, dass es einer der Profi-Bodybuilder zugeben würde, aber auch sie haben Probleme damit, dem Hunger zu widerstehen. Es ist also ein nur allzu weit verbreitetes Phänomen, dass nächtliche Touren zum Kühlschrank damit enden, dass Kekse, Erdnussbutter-Marmeladen-Toasts, Eiscreme und Schokoriegel vertilgt werden. Andere hingegen gehen noch gewitzter vor und posten auf Instagram mehrfach täglich hübsche Fotos von ihren supergesunden Mahlzeiten, bestehend aus gegrilltem Hähnchen ohne einen Klecks Soße sowie ein paar verloren Stangen grünen Spargels. Was sie hingegen nicht posten, sind die Bilder XXL-Burger und Pizzen, die sie in der Zwischenzeit verdrücken. Wer also auch in der Diät noch immer denkt, dass er sich in der Massephase befindet, wird nie einen einstelligen Körperfettanteil erreichen.
2. Hähnchen ist nicht gleich Hähnchen
Auch wenn im Internet mittlerweile unzählige Guides umherschwirren, wissen viele Profis und Amateure scheinbar immer noch nicht, wie man Körperfett richtig loswird. Sie verstehen vielleicht, dass sie auch magere Proteinquelle wie Hähnchenfleisch zurückgreifen sollen. Was sie dabei jedoch außer Acht lassen, ist, dass KFC Extra Crispy Chicken eben nicht das Gleiche ist wie ein ohne Haut gebratenes Hähnchenbrustfilet. Ein anderes Phänomen, das aber ebenfalls in dieses Muster passt, ist die Vermeidung von Fett. Im Gegenzug wird dieses jedoch häufig durch noch viel größere Mengen anderer Nährstoffe ersetzt. Unter dem Strich erledigt sich damit das kalorische Defizit von selbst und die ignoranzbasierte Sabotage der eigenen Diät ist perfekt. Und um noch einen draufzusetzen, sind es häufig auch genau diese Athleten, die auch die wichtige Rolle des Cardio-Trainings völlig missinterpretieren. So ist es also keine Seltenheit, dass sich das Cardio-Training aus einem lockeren Spaziergang um den Block zusammensetzt. Schwer atmen oder auch nur ein wenig schwitzen? Fehlanzeige! So geht es natürlich nicht. Um fair zu sein, möchten wir an dieser Stelle anmerken, dass wir diese Beispiele der vorhandenen Ignoranz natürlich ein wenig überspitzt haben, um die Problematik zu veranschaulichen. Wer natürlich bereits so weit ist, dass er sich für höhere Lorbeeren auf der Bühne qualifizieren möchte, macht solche dilettantischen Fehler natürlich nicht mehr.
3. Das Problem mit der verschobenen Wahrnehmung
Eines der Hauptprobleme, warum selbst gesteckte Ziele nicht erreicht werden, ist die verschobene Selbstwahrnehmung, die gleich in mehreren Ausprägungen daherkommen kann. Die wohl häufigste Variante ist die des von sich selbst überzeugten Sportlers, der einfach nicht in seine Top-Form kommen kann, weil er der festen Überzeugung ist, sie bereits erreicht zu haben, obwohl er meilenweit davon entfernt ist. Unterstützt wird dieser auch als Dysmorphophobie bekannte Effekt durch die Fremdwahrnehmung anderer Menschen, die in einem 130 Kilogramm schweren und muskelbepackten Athleten nichts als Perfektion sehen. Sportler, die zu dieser Wahrnehmungsstörung neigen, übernehmen die oft gut gemeinten Komplimente ihrer Freunde und Familienangehörigen und vergessen dabei, dass sie noch einen Körperfettanteil von 15 Prozent haben. Das Desaster auf der Bühne ist vorprogrammiert. Wenn du ein solches Ziel hast, solltest du dich also weder deine Wahrnehmung noch auf die Wahrnehmung anderer Menschen, sondern ausschließlich auf nackte Zahlen verlassen. Eine diesbezügliche Ausnahme bildet allerdings ein erfahrener Bodybuilding-Coach, für den du nicht der erste Bühnenathlet bist.
4. Manche Medikamente führen zu Gewichtszunahme
Nachdem die zuvor genannten Ursachen eher auf der mentalen Ebene zu suchen und mitunter mit einem Augenzwinkern zu sehen waren, ist dieser Grund für das Verfehlen von Zielen schon etwas substanzieller. Wer unter gesundheitlichen Problemen wie einer Schilddrüsenüberfunktion leidet, am Chushing-Syndrom laboriert oder das Polyzystische Ovar-Syndrom hat, muss nicht selten Medikamente einnehmen, die für sich selbst genommen bereits zu einer Körpergewichtszunahme führen. Das Gleiche trifft im Übrigen auch auf viele Medikamente zu, die zur Behandlung von Diabetes, Migräne und Depressionen eingesetzt werden. Glücklicherweise gibt es insbesondere für letztere jedoch Alternativen, über die du mit deinem Arzt sprechen solltest. Denke aber daran, dass das Bodybuilding zwar eine tolle Passion ist, deine Gesundheit aber immer im Vordergrund stehen sollte.
5. Eine unsaubere Offseason
Ein nur allzu gern touchiertes Hindernis ist die Fehlinterpretation der Offseason, denn auch wenn es darum geht, mit Hilfe eines Kalorienüberschusses so viel Muskelmasse wie möglich aufzubauen, bedeutet das noch lange nicht, dass du alle Regeln über Bord werfen darfst. Genau dieses Phänomen ist sowohl unter Amateuren als auch unter Profis sehr verbreitet. Und so ist es kein Wunder, dass der zusätzliche Ballast in Form von Körperfett die Diätphase erschwert und den Weg zur Top-Form deutlich länger macht. Fünf Pfund mehr oder weniger können vor der Jury nämlich den Unterschied zwischen dem ersten und dem letzten Platz ausmachen. Achte also darauf, dass dein Kalorienüberschuss nicht zu groß wird. Dadurch bist du nämlich auch nicht gezwungen, kurz vor dem Wettkampf noch zu fasten und Cardio-Doppelschichten zu durchleiden.
6. Sich zu sehr an den modernen Profis orientieren
Der sechsfache Mr. Olympia Dorian Yates hat einen seiner Meinung nach fatalen Trend in der Bodybuilding-Szene ausgemacht, denn die modernen Profis setzen seiner Auffassung nach zu viel auf Masse denn auf Klasse. Wenn wir einmal einen Quervergleich zwischen früheren Jahrzehnten und heute ziehen, hat Yates durchaus recht, denn diei Athleten sind definitiv massiger geworden, ohne jedoch die absolute Formperfektion der Altmeister zu erreichen. Yates selbst war es, der den Anspruch hatte, eine so gute Form zu haben, dass die Preisrichter seine Nieren beim Pulsieren hätten beobachten können. Nunja, wir haben noch keine Nieren durch Muskelberge hindurch pulsieren sehen, aber was Yates damit meint, sollte klar sein. Wer also denkt, mit nur 80 Prozent der möglichen Top-Form die Bühne betreten zu müssen, wird auf dem Rückweg die eine oder andere Krokodilsträne verdrücken müssen.
7. Kleine Schummeleien, die nach hinten losgehen
Der letzte Punkt in unserer Liste bezieht sich auf die kleinen Schummeleien, die findige Athleten, die sich unter anderem aufgrund der zuvor genannten Gründe nicht in Top-Form befinden, nutzen, um diese kurz vor dem Wettkampf noch zu erreichen. Klassiker wie die Manipulation der Wasser-, Kohlenhydrat- und Salzzufuhr sind dabei nur die Spitze des Eisbergs. Von synthetischen Mitteln wollen wir hier gar nicht erst anfangen. Dank Social Media und den unzähligen Fotos, die moderne Athleten Tag für Tag posten, können wir deren Form bis zum Wettkampf hin lückenlos verfolgen. Häufig lässt sich dabei feststellen, dass die Form bis kurz vor dem Bühnenauftritt noch herausragend ist, sich der Athlet im Rampenlicht aber deutlich konturloser oder gar aufgedunsen präsentiert. Woran das liegt? Ganz klar, die kleinen Voodoo-Tricks halten nicht ewig und schlagen nicht selten ins Gegenteil um. Besser dran ist in jedem Fall, wer sein Vorhaben gleich von Beginn an sauber durchzieht und möglichst viele der in diesem Artikel angesprochenen Fehler vermeidet.